Prägungen

Die Prägungen aus unserer Kindheit und Jugendzeit verfolgen uns oft bis ins höhere Erwachsenenalter. Wir übernehmen unbewusst, was unsere Eltern uns vorlebten. Sogar dann, wenn uns dieses Rollenbild gar nicht gefällt. Daraus könnte etwa der Entschluss reifen: Ich möchte keine unglückliche Ehe führen, deshalb werde ich nie heiraten.

Ich habe mich in jungen Jahren häufiger dabei ertappt meinen Freund genau so behandelt zu haben, wie meine Mutter es mit meinem Vater tat. Genauer gesagt, ich hab’s meistens noch nicht einmal selbst gemerkt, sondern hörte meinen Freund sagen „Du bist genau wie deine Mutter“. Das traf mich dann ganz besonders. Denn leider waren das keine Situationen, die besonders positiv herausstachen.

Ich meckerte an ihm herum, wenn er Dinge nicht so tat, wie ich es erwartete. Zum Beispiel neigte ich zu Beginn unserer Beziehung dazu ihn zurecht zu weisen, wenn er sich bei Tisch anders benahm, als ich es zuhause gelernt hatte. Oder, wenn er in meinen Augen nicht passend gekleidet war.

Es war also wichtiger einen guten Eindruck nach außen zu machen, als meinen Freund so zu nehmen, wie er war. Das war die Botschaft, die ich aus meinem Elternhaus ganz selbstverständlich übernommen hatte, obwohl ich mich als Kind und Jugendliche dagegen sperrte.

Schlechte Erfahrungen

Das Elternhaus meiner Kundin Annette hatte auch einen immensen Einfluss auf ihr weiteres Leben.

Sie konnte es ihrer Mutter nie recht machen. Der Vater unterstütze sie nicht. Sie erfuhr von beiden wenig Liebe und Anerkennung und hatte immer das Gefühl nicht erwünscht zu sein.

Mit 18 wurde Annette schwanger. Hans war für sie nichts Ernstes. Sie kannten sich auch gar nicht so gut. Aber ihre Eltern sagten ihr sie müssten heiraten. Was sie auch taten. Es gehörte sich wohl so. Sie war dazu erzogen worden, folgsam zu sein. Obwohl sie in ihrem tiefsten Inneren eher wild und rebellisch war.

Diese Heirat stand also unter keinem guten Stern. Aufgrund ihrer Prägung aus der Kindheit, fügte sie sich in ihr Schicksal und mehr oder weniger übernahm der Mann nun die Stelle der Eltern und sagte ihr wo’s lang ging. Sie ließ sich alles gefallen und brachte noch drei weitere Kinder zur Welt.

Annette wurde mit der Zeit immer frustrierter. Sie baute immer höhere Mauern um sich herum und verschloss ihr Herz, besonders gegenüber ihrem Mann. Mit den Jahren wuchs ihre Unzufriedenheit, sie fühlte sich einsam.

Als sie zu mir kam, war sie über 20 Jahre mit Hans verheiratet. Die Kinder waren aus dem Haus. Sie lebte zwar mit ihrem Mann in der gleichen Wohnung, jedoch war von Zuneigung nicht viel zu merken. Sie hielt das Zuhause in Ordnung und putzte, er war der Pascha und scherte sich überhaupt nicht um ihre Beschwerden, wenigstens seine eigenen Sachen aufzuräumen. Mittlerweile hatte sie sich völlig in ihre Arbeit gestürzt und war ziemlich verbittert.

Von Männern hatte sie eine ganz schlechte Meinung. Männer sahen Frauen nur als Objekt ihrer Begierde und wollten eine billige Putzkraft haben.
Bis jetzt hatte sie es nicht geschafft, Männer in einem anderen Licht zu sehen.

Sie war jedoch bereit ihrem Leben von nun an eine neue Richtung zu geben.

Fühlen lernen

Ich starte meine Sessions und Workshops gerne mit einer kleinen Körperreise. So auch in diesem Fall. Annette meinte, sie spüre überhaupt nichts. Sie hätte Vorbehalte, ob das hier überhaupt etwas bringt, da sie sich normalerweise nicht wirklich öffnen kann. Ihre Sorge war, dass sie nicht aus ihrer Haut kann und der ganze Kurs umsonst war.

Im Laufe des Workshops stellte sie fest, dass sie wütend ist. Das heißt, sie fühlte durchaus etwas!

Über den Tag verteilt machten wir verschiedene Übungen. Klar fühlte sie was.

Sie musste es nur zulassen.

Und sie tat es immer mehr. Es war eine Freude zu sehen, wie sie Stück für Stück mehr Vertrauen in sich gewann.

Sie fühlte immer mehr, wie wichtig es ist, sich mit ihrem Körper zu verbinden und dessen Signale zu verstehen.

Über die Zeit lernte sie, worauf es nun für sie ankommt.

  • Immer wieder die Verbindung mit sich selbst herzustellen.
  • Sich selbstBEWUSST zu sein.
  • Dass sie sich vor niemandem rechtfertigen muss.
  • Auf das zu hören, was sich richtig für SIE anFÜHLT und sich nicht von ihrem Kopf verwirren zu lassen.

Kurz: auf ihr Herz zu hören.